Was sind Stresstests?
Ein Stresstest ist eine gezielte Neubewertung der Sicherheitsmargen kerntechnischer Anlagen. Angesichts der Ereignisse in Fukushima, bei denen extreme (natürliche) Bedingungen einen schweren Unfall verursachten, soll mit dem Stresstest überprüft werden, ob die Sicherheitsmargen auch unter extremen Umständen ausreichende Garantien bieten.
Diese Neubewertung besteht zum einen aus einer Beurteilung der Reaktionsfähigkeit der kerntechnischen Anlage auf Extremsituationen (siehe „Umfang von Stresstests“) und zum anderen aus einer Überprüfung der bestehenden vorbeugenden begrenzenden Maßnahmen nach der Logik der „Verteidigung in der Tiefe“.
Dieses Prinzip besteht darin, bestimmte auslösende Ereignisse (wie ein Erdbeben oder ein Hochwasser) anzunehmen und verschiedene Vorsorge- und Schutzmaßnahmen (sogenannte „Verteidigungsstufen“) so zu integrieren, dass im Falle eines möglichen Versagens einer ersten Maßnahme weitere Maßnahmen zur Verfügung stehen, um das Auftreten eines echten Sicherheitsproblems zu verhindern. Jede „Verteidigungsstufe“ muss für sich genommen robust genug sein, um ihre vorbeugende Funktion erfüllen zu können. Das Versagen einer Verteidigungsstufe darf keinen Einfluss auf das Funktionieren der nächsten Stufe haben. Die Philosophie des Stresstests betrachtet nacheinander das Versagen jeder Verteidigungsstufe und überprüft auf jeder Stufe, mit welchen Mitteln vermieden werden kann, dass sich die Situation noch weiter verschlimmert (Prävention), und wie letztendlich die Folgen eines möglichen schweren Unfalls begrenzt werden können.
Der Stresstest ist keine echte Prüfung für Extremsituationen, sondern eine technische Bewertung auf der Grundlage von Studien, Berechnungen und Bewertungen von Ingenieuren (engineering judgement). So wird beispielsweise die Erdbebensicherheit einer Anlage von hierfür speziell ausgebildeten Fachleuten geprüft. Sie besuchen die betreffende Anlage und geben eine Einschätzung der Erdbebensicherheit der verschiedenen Einrichtungen ab.
Ziel des Stresstests ist es, mögliche Verbesserungen zu identifizieren, damit geeignete Maßnahmen ergriffen werden können. Wenn sich herausstellt, dass notwendige Verbesserungen nicht möglich sind, können die betroffenen Anlagen still gelegt werden.
Die Nuklearsicherheitsbehörden FANK und Bel V haben die Aufgabe, den von den Betreibern durchzuführenden Stresstest zu bewerten (review). In Bezug auf Kernkraftwerke wird die Bewertung der FANK wiederum von einer Gruppe europäischer Experten geprüft (Peer Review).